Posts Tagged ‘robert enke’

Success as usual: Warum Robert Enke gestern war

1. Dezember 2009

»Wer sich zu einer Schwäche bekennt, ist nicht schwach. Er ist stark«, so Stephan Weil, amtierender Oberbürgermeister von Hannover, anlässlich der Trauerfeier für Torhüter Robert Enke nach seinem Freitod. Tragisch nur, dass die gesellschaftliche Wahrnehmung unserer effizienzorientierten Ellbogengesellschaft eine ganz andere ist: Auf Erfolg und dessen Accessoires fixiert, wird wie bei den Kickern derjenige gnadenlos ausgepfiffen, der nicht ins Klischee vom bedingungslosen Leistungswillen passt und stolpert.

Für Verlierer ist auf dem grünen Rasen kein Platz, und in der Gesellschaft haben sie keine Lobby. Wie sonst ist zu erklären, dass Bundestrainer Joachim Löw im Zusammenhang mit dem Selbstmord seines Keepers und einem Telefonat mit dessen Vater augenscheinlich keinen Grund dafür sieht, »dass wir uns Vorwürfe machen müssen«, und für eine schnellstmögliche Rückkehr zur Normalität plädiert. Mit anderen Worten: Robert Enke war gestern, und success as usual ist heute.

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Robert Enke: die geschlagene Nummer eins

14. November 2009

»You Can Win If You Want« – so lautet nicht nur ein Erfolgssong des einstigen Popduos Modern Talking, sondern auch das Motto unserer modernen Leistungsgesellschaft. Dem Nationalkeeper Robert Enke wurde die daraus resultierende Einstellung jetzt zum Verhängnis. Die Geschichte dieses todtraurigen Nationaltorhüters, der sich im Kampf um den Ball zur Spitze durchschlug und sich eines unbedingten Erfolgswillens zum Trotz dennoch vor seiner Krankheit geschlagen geben musste, hat die Republik wie kaum eine andere gerührt.

Dass der Torheld das Geheimnis seiner tabuisierten Traurigkeit ebenso vehement wie sein Tor hütete und aus Angst vor dem Öffentlichwerden seiner Depressionen und Versagensängste schließlich den Freitod auf den Schienen wählte, wirft nicht nur einen Blick hinter die Fassade einer äußerlich strahlenden Siegerpose, sondern auch auf die Abgründe des Leistungssports und nicht zuletzt einer Leistungsgesellschaft insgesamt, die jede Form von Schwäche verpönt und schon einen zweiten Platz als Niederlage wertet. Umso größer ist der Respekt vor Enkes so tapferer Witwe Teresa, die uns mit ihrer schonungslosen Offenheit einen Einblick in die fußballerische Kraftmeierei und der Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens dahinter erlaubt.

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